Ein jüngerer Mensch hält die Hand eines älteren Menschen

Beruf und Pflege

Das Thema Pflege wird in den kommenden Jahren die Gesellschaft vermehrt beschäftigen. Bereits heutzutage kümmern sich viele Beschäftigte in Deutschland neben ihren beruflichen Tätigkeiten um ihre  pflegebedürftigen Eltern, Großeltern oder Partnerinnen und Partner. 

  • Die Zahl der Pflegebedürftigen wächst.
  • Das Durchschnittsalter der Beschäftigten steigt.
  • Immer mehr ältere Beschäftigte müssen sich mit der Pflege von Angehörigen auseinandersetzen.
  • Mehr Frauen sind heutzutage berufstätig, die früher meist die Betreuung übernommen haben.

Beschäftigte, die Angehörige pflegen, brauchen Zeit und viel Flexibilität für diese verantwortungsvolle Aufgabe. Beruf und Pflege zu vereinbaren, ist eine Herausforderung vor der bereits heute zahlreiche der Angestellten stehen. Daher gilt: Unternehmen, die sich jetzt auf diese Entwicklung einstellen und dementsprechend Maßnahmen treffen, müssen später nicht auf das Know-how ihrer erfahrenen Mitarbeiter/-innen verzichten.

Besonderheiten von Beruf und Pflege
  • Pflege kommt für Angehörige, für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer überraschend. Sie ist nicht planbar. Kündigen sich Kinder an, haben Arbeitnehmer/-innen und Arbeitgeber/-innen Zeit, die Vereinbarkeit von Beruf und Kinder zu organisieren. Diese Möglichkeit ist pflegenden Angehörigen oft nicht gegeben.
  • Kinder entwickeln sich weiter, werden selbstständiger. Bei der Pflege ist das anders, zu pflegende Personen werden immer mehr Hilfe benötigen.
  • Die Dauer und der Betreuungsbedarf sind zudem oft nicht abschätzbar.

Dies alles kann die Angehörigen, die die Pflege übernehmen, physisch und psychisch sehr belasten und zu Zeitstress führen.

Wo finde ich was zum Thema Beruf und Pflege?

Das Thema Beruf und Pflege wird für Unternehmen zunehmend wichtiger, vor allem für Betriebe, deren Belegschaften ein hohes Durchschnittsalter haben. Es ist gut, sich als Unternehmen vorzubereiten. Denn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ihre Angehörigen pflegen, sind meist älter, oft jahrelang im Betrieb und besitzen somit viel Erfahrung und Wissen. Es zahlt sich für das Unternehmen aus, diese Personen zu unterstützen und zu halten.

Auf den folgenden Seiten werden die rechtlichen Rahmenbedingungen dargestellt. Tipps und Unterstützungsmöglichkeiten zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege finden Sie unter: Was kann ich als Arbeitgeber/-in tun? Die Seite „Nützliche Informationen“  zeigt Anlaufstellen in der Region und verweist auf interessante Seiten rund um das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Pflege.

Rechtlicher Rahmen

Ein Hinweis vorab: Die hier aufgeführten rechtlichen Bestimmungen sind nur als erste Hinweise zu verstehen und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie sorgfältig erstellt wurden, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.

Pflegezeitgesetz und Familienpflegezeitgesetz

Im Zusammenhang mit dem Thema Vereinbarkeit von Beruf und Pflege sind für Unternehmen zwei Gesetze interessant:

  • Gesetz über die Pflegezeit (Pflegezeitgesetz – PflegeZG)
  • Gesetz über die Familienpflegezeit (Familienpflegezeitgesetz – FPfZG)

Wichtig: Während das Pflegezeitgesetz dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin gewisse Rechte einräumt, besteht ein Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit nicht. Um die Familienpflegezeit in Anspruch zu nehmen, müssen Beschäftigte mit Ihrem Arbeitgeber/Arbeitgeberin eine schriftliche Vereinbarung schließen.

Zeitliche Flexibilität ist es, was die meisten pflegenden und berufstätigen Angehörigen brauchen. Das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf  schafft individuelle Rahmenbedingungen für unterschiedliche Pflegesituationen. Im folgenden werden mögliche Pflegesituationen vorgestellt.

Kurzzeitige Arbeitsverhinderung von bis zu 10 Arbeitstagen

  • Beschäftige haben das Recht, bis zu 10 Tagen der Arbeit fernzubleiben, wenn dies erforderlich ist, um für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut auftretenden Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung sicherzustellen.
  • Beschäftigte sind verpflichtet, dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin die Arbeitsverhinderung und die Dauer mitzuteilen. Der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin kann eine ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen verlangen.
  • Der Anspruch besteht unabhängig von einer bestimmten Belegschaftsgröße oder der Dauer der Betriebszugehörigkeit.
  • Für die kurzzeitige Arbeitsverhinderung muss kein Pflegegrad festgestellt worden sein, jedoch muss eine Pflegebedürftigkeit vorliegen, die mindestens dem Pflegegrad 1 entspricht.
  • Für diese Freistellung  kann eine Lohnersatzleistung – das Pflegeunterstützungsgeld – beantragt werden. Dies wird unverzüglich auf Antrag  von der Pflegekasse oder dem Versicherungsunternehmen des pflegebedürftigen nahen Angehörigen gewährt.

Pflegezeit – Freistellung bis zu sechs Monate

  • Bei der Pflege naher Angehöriger in häuslicher Umgebung kann Pflegezeit in Anspruch genommen werden. Die Dauer beträgt sechs Monate und in dieser Zeit kann man sich vollständig oder teilweise von der Arbeit befreien lassen.
  • Beschäftigte müssen dies dem Arbeitgeber ankündigen, mindestens 10 Werktage vor Eintritt der Pflegezeit.
  • Pflegezeit kann in Anspruch genommen werden in Unternehmen ab 15 Beschäftigten.
  • Es besteht kein Anspruch auf Lohnfortzahlung, aber die Möglichkeit eines zinslosen Darlehens beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben.
  • Anspruch auf Pflegegeld durch Pflegeversicherung 
  • Beschäftigte sind weiterhin sozialversichert.
  • Kündigungsschutz ab Ankündigung der Pflegezeit

Unter diesem Link, gibt es weitere Informationen zu der Betreuung minderjähriger pflegebedürftiger naher Angehöriger und zur Begleitung bis zu drei Monate in der letzten Lebensphase.

Familienpflegezeit – Freistellung bis zu 24 Monate

Die Idee der Familienpflegezeit ist: Die Arbeitszeit der Beschäftigten in Familienpflegezeit zu reduzieren, das Einkommen wird jedoch nur halb so stark gekürzt wie die Stundenzahl. Nach Rückkehr auf die volle Arbeitsstelle bleibt es so lange beim verminderten Einkommen, bis das Arbeitszeitminus die Arbeitsschuld ausgeglichen hat.

  • Es besteht kein Rechtsanspruch gegenüber Arbeitgebern mit 25 oder weniger Beschäftigten. Auszubildende werden nicht in die Mitarbeiterzahl mit eingerechnet.
  • Mindestarbeitszeit von 15 Stunden pro Woche.
  • Flexibles „Blockmodell“ 
  • Ein zinsloses Darlehen des Bundesamts für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) soll den Lohnverlust während der Familienpflegezeit mindern.
  • Pflegezeit und Familienpflegezeit können kombiniert werden, aber nur wenn sie nahtlos in einander übergehen.

Unter folgenden Links finden Sie Informationen sowie Checklisten für die Beantragung der Pflegezeit und Familienpflegezeit: 

Finanzielle Untersützung

Wer sich dazu entschieden hat, einen nahe stehenden Angehörigen zu Hause zu pflegen, dem bietet die Pflegeversicherung verschiedene Hilfen und Leistungen. 

Pflegegeld
Das Pflegegeld ist eine finanzielle Leistung der Pflegeversicherung. Diese wird gezahlt, wenn die Pflege selbst durch z.B. Angehörige erfolgt. Das Pflegegeld wird nicht direkt an die Pflegeperson gezahlt, sondern an die Pflegebedürftige oder den Pflegebedürftigen. Das Geld kann als finanzielle Anerkennung an die pflegenden Angehörigen weitergeben werden.

Soziale Absicherung der Pflegeperson
Seit dem 1. Januar 2017 gilt: „Wer eine oder mehrere pflegebedürftige Personen des Pflegegrades 2 bis 5 in ihrer häuslichen Umgebung nicht erwerbsmäßig für wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche, pflegt, hat als Pflegeperson Ansprüche auf Leistungen zur sozialen Sicherung“. Hierbei handelt es sich um Leistungen in Bezug auf die Renten-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung. Weitere Informationen dazu gibt es hier.

Urlaubs- und Krankheitsvertretung (Verhinderungspflege)
Die sogenannte Verhinderungspflege bedeutet, dass die Pflegeperson die pflegebedürftige Person wegen Urlaub oder Krankheit nicht pflegen kann. Die Pflegekasse zahlt dann die Ersatzpflege für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5.  Der Anspruch besteht für maximal sechs Wochen im Jahr. Mehr über Höhe der Leistung und die Voraussetzungen, die dafür notwendig sind, erfahren Sie hier im Artikel Verhinderungspflege.

Pflegekurse für Angehörige
Die Pflegekassen bieten für Personen, die pflegebedürftige Angehörige betreuen oder sich ehrenamtlich um Pflegebedürftige kümmern, unentgeltliche Schulungskurse an. Diese Kurse werden zum Teil in Kooperation mit Pflegediensten und -einrichtungen, mit Volkshochschulen, der Nachbarschaftshilfe oder Bildungsvereinen angeboten. Abgesehen von praktischen Tipps und Anleitungen, können sich die Angehörigen mit anderen Personen austauschen und Kontakte knüpfen. Mehr dazu hier.

⇒Siehe auch:

Was kann ich als Arbeitgeber tun?

Warum ist es für Unternehmen wichtig, Beruf und Pflege zu vereinbaren?

  1. Aufgrund des demografischen Wandels besteht ein Fachkräftemangel. Arbeitskraft zu ersetzen wird schwerer.
  2. Oft müssen ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Beruf und Pflege vereinbaren. Das sind meist diejenigen Arbeitskräfte mit viel Know how und Erfahrung. Dieses Wissen sollte ein Unternehmen nicht verlieren.
  3. Die Fluktuation im Betrieb wird gesenkt.
  4. Der demografische Wandel wird in vielen Unternehmen dazu führen, dass das Durchschnittsalter der Belegschaft generell höher liegt, das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird dann immer mehr zum Thema.
  5. Maßnahmen, die die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf verbessern, senken Fehlzeiten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und verringern Stress.

In vier Schritten pflegende Beschäftigte unterstützen:

In den meisten Unternehmen gibt es bereits viele gute Grundlagen für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. Die folgenden vier Fragen können Ihnen dabei helfen, die eigene Ausgangslage zu bestimmen und ein gezieltes Maßnahmenpaket zu entwickeln:

1.Besteht ein Bedarf an Angeboten für Beschäftigte mit Betreuungsaufgaben?

  • Wissen Sie, wie viele Beschäftigte im Unternehmen Angehörige pflegen?
  • Wie könnte sich diese Zahl angesichts der Altersstruktur der Belegschaft in der näheren Zukunft entwickeln?

2.Gibt es bereits Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege?

  • Welche der Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Ihrem Unternehmen, die bislang hauptsächlich Eltern nutzen, könnten auch Pflegende in Anspruch nehmen (z. B. flexible Arbeitszeit und Telearbeit)?

3.Gibt es eine pflegesensible Kultur im Unternehmen?

  • Sensibilisieren Sie Ihre Beschäftigten bereits für Problemlagen von pflegenden Kolleginnen und Kollegen?
  • Halten Sie Führungskräfte dazu an, beispielsweise in Mitarbeitergesprächen das Thema „Pflege“ anzusprechen? Motivieren Sie Beschäftigte, ihre Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen (z. B. durch Netzwerke)?

4.Können Sie die Beschäftigten über die bestehenden Angebote informieren?

  • Ist die Pflege von Angehörigen ein Thema in Ihren Unternehmensmedien (Mitarbeiterzeitschrift, Intranet usw.)?
  • Gibt es Informationsveranstaltungen zum Thema Pflege?
  • Informieren Sie im Unternehmen über die Angebote regionaler Ansprechpartner, z. B. der Pflegestützpunkte?

Geeignete Maßnahmen

Wichtig: Nachfolgend finden Sie viele Maßnahmen, die die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege verbessern. Wie in den anderen Feldern gilt: Es geht nicht um alles oder nichts, auch wenige Maßnahmen, die konsequent durchgeführt werden, können helfen. Die Größe des Unternehmens spielt bei der Entwicklung von Maßnahmen sicherlich auch eine Rolle.

1. Maßnahmenkatalog

Der Maßnahmenkatalog zeigt betriebswirtschaftliche Instrumente, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern. So wie in der Lebensphase Familie/Kinder bieten sich auch viele Maßnahmen in der Pflege an. Aus allen Handlungsfeldern – etwa Arbeitszeit, -ort und -organisation – können Maßnahmen in der Lebensphase Pflege nützlich sein, beispielsweise:

  • Gleitzeit
  • Teilzeit
  • Home Office
  • Kurzfristige Freistellung/Sonderurlaub

2. Maßnahmen vorab

Aufmerksam machen und Wissen vermitteln

  • Information der Belegschaft vorab über Engagement im Bereich Vereinbarkeit Pflege und Beruf
  • Mitarbeiter/-innen sensibilisieren, Infoveranstaltungen zum Thema Pflege anbieten eventuell im Verbund mit anderen Unternehmen.
  • Bei Bedarf Führungskräfte schulen zur Belastung von Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen durch Pflege

3. Kurzfristige Unterstützung

Hilfe bei Notfällen

  • die Beschäftigten informieren
  • Anlaufstellen nennen
  • Broschüren nennen
  • Hinweis auf informative Internetseiten

4. Langfristige Unterstützung

Hilfe auf längere Sicht

  • So wie in der Elternzeit empfiehlt es sich Kontakt zu halten bei längerer Abwesenheit der Beschäftigten aufgrund von Pflege eines Angehörigen.
  • Denkbar ist auch eine finanzielle Unterstützung mit Hilfe haushaltsnaher Dienstleistungen (der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers).
  • Die Familienpflegezeit anbieten.
  • Günstige Darlehen oder Zuschüsse gewähren, beispielsweise wenn die Wohnung pflegegerecht gestaltet werden muss oder ein Umzug ansteht, weil die Wohnung nicht pflegegerecht eingerichtet werden kann.
  • Rücksicht nehmen bei Überstunden und Geschäftsreisen.
  • Gesundheitsförderung anbieten, da Beruf und Pflege belastend wirken. Maßnahmen: Fortbildungen zu Stressbewältigung und Zeitmanagement oder zum Erlernen von professionellen Pflegetechniken.
  • Belegplätze für Kurzzeitpflege bei Pflegedienstanbietern erwerben.

⇒Siehe auch:

Hier finden Sie einen Maßnahmenkatalog mit unterschiedlichen Instrumenten und Maßnahmen zum Thema Schwangerschaft und Elternzeit. 

Nützliche Informationen

Broschüren für Pflegende

Das Faltblatt des Bundesgesundheitsministeriums Pflegebedürftig – Was nun? stellt erste Schritte zur schnellen Hilfe vor. Es ist auf dem Internetportals des Ministeriums abrufbar. 

Die umfangreichere Broschüre „Ratgeber zur Pflege – Alles, was Sie zur Pflege wissen müssen“ ist ebenfalls dort zu finden Link zur Broschüre. 

Broschüren für Unternehmen
Vereinbarkeit von Beruf und Pflege – Wie Unternehmen Beschäftigte mit Pflegeaufgaben unterstützen können, herausgegeben vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag e.V. Oktober 2011.

Überregional
Viele Tipps zur Familienpflegezeit gibt es auf der Seite www.familien-pflege-zeit.de des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben. Weitere Informationen zur Pflege vom Bundesgesundheitsministerium: 

Schleswig-Holstein

Kreis Schleswig-Flensburg

Flensburg

Nordfriesland